MATERIAL NATION – Grenzen ins Ungewisse

Vernissage von MATERIAL NATION am 14.7.2022 in der Urania Berlin

Der Kultur- und Bildungsverein Urania Berlin e.V. richtet jährlich über 1.000 Veranstaltungen aus und verzeichnet mehr als 200.000 Besucherinnen und Besucher. In Reaktion auf Debatten, die während der Pandemie entstanden sind, möchte die Urania ihr Angebotsspektrum erweitern. 2022 wird sie sich zu einer aktiven Bürgerplattform mit analogen und digitalen Angeboten entwickeln. 

In der interdisziplinären Gruppenausstellung beschäftigen sich Künstler:innen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa auf sehr persönliche und zugleich hochpolitische Weise mit Fragen von Nation, Zugehörigkeit, Autonomie, Selbstbestimmung, Identität und Abschied. Die ausgewählten Künstler:innen nähern sich in ihren Arbeiten den Grenzverschiebungen im Innen und Außen an: Wie fühlt sich Sehnsucht nach einer Heimat an, die es nicht mehr gibt? Zum Beispiel weil man in einem Land geboren wurde, das nicht mehr existiert oder aktuell besetzt und zerstört ist. Dabei spielen Kindheitserinnerungen an die Kriege auf dem Balkan und die Transformationsprozesse der 90er-Jahre in den postsozialistischen Staaten eine Rolle. Was ist das Material von Nation und wer verfügt darüber?  

In der Urania zeigt Elektra KB Textilarbeiten und eine installative Performance. Zentral im Werk von Mykola Ridnyi ist die Stadt Charkiw, sie ist auch sein Geburtsort. Er zeigt eine Videoarbeit aus den Jahren 2014-2015 zu dem brutal-gewalttätigen Konflikt zwischen pro-ukrainischen und pro-russischen Aktivist:innen. Bereits jetzt ist im Garten der Urania ist die Installation The Temple of the Transfiguration des Kyiver Künstlers Sasha Kurmaz zu sehen, die er als Resident Artist an der Jungen Akademie (AdK) kreiert und 2022 dort zuerst gezeigt hat. Andrii Dostliev und Lia Dostlieva beschäftigen sich in ihren fotografischen, performativen und Sound-Arbeiten mit den Themen Erinnerung, kollektives Trauma und Identität. Kindheitserinnerungen spielen auch eine große Rolle im Werk von Lana Mesić. Die Mythen und Symbole, die Nationalismus braucht, um Bindungskraft zu entfalten, sind zentrale Motive ihrer Arbeiten. Robert Gabris beschäftigt die Frage, wem ein Land gehört und wer ein gleichberechtigter Teil davon sein kann. Daria Svertilova wuchs in Odesa auf und benutzt ihre Kamera wie zur Beweisaufnahme: Zerbrechliche und verletzliche Erinnerungsstücke einer jungen Generation. Dabei untersucht sie auch die Koexistenz sowjetischen Erbes und eines neuen pro-europäischen Geistes. Junge Ukrainer:innen kurz vor Kriegsausbruch porträtierte auch die Berliner Fotografin und Journalistin Sina Opalka als sie Ende Januar 2022 noch auf den Straßen und in den Cafés Kyivs unterwegs war. Sie hielt damit letzte Momente des Friedens kurz vor Beginn des russischen Angriffskriegs fest. 

Die Ausstellung wurde kuratiert von Fanny Hagmeier und Leonie Kubigsteltig und kann noch bis zum 28. August 2022 von Mittwoch bis Sonntag, 12:00 – 20:00 Uhr, besucht werden. Der Eintritt ist frei.

Die neue Urania für mehr Diversität und Partizipation 
Innerhalb des Bürgerforums wird es Werkstätten, Labore und offene Räume für die Nachbarschaft geben. Bereits jetzt programmatisch eingeleitet wird die neue Urania mit innovativen Debattenformaten, wie z.B. dem Demokratie-Salon oder Urania kontrovers. Diese Vortrags- und Austauschformate werden aktuelle Fragen aus Wirtschaft, Kultur und Politik in den Fokus nehmen. Begleitend entsteht die Ausstellung „MATERIAL NATION“ und die Entwicklung des digitalen Angebots der Urania mit dem Arbeitstitel „Urania TV“. Bei der Verbreiterung der Zielgruppe wird mehr Diversität angestrebt und Partizipation gefördert. 

Als Dialogort und Ort der Wissensvermittlung erhält das geplante Projekt der Urania eine Bezuschussung von 450.000 Euro von der Berliner LOTTO-Stiftung.

Bildnachweis
Vernissage von MATERIAL NATION am 14.7.2022 in der Urania Berlin
© Catrin Schmit

Stand 15.08.2022